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Aktuelles

07.01.2025 | Das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG)

Interview zur Krankenhausreform mit Michael Weller

Norbert Theobald hat bei einer SPD-Reise nach Apulien Michael Weller getroffen. Er ist im Gesundheitsministerium bei Karl Lauterbach für die Bereiche Gesundheitsversorgung und Krankenversicherung zuständig. Im Zentrum seiner Arbeit steht die Krankenhausreform, ein umfassendes Gesetz, das Kosten senken und die Krankenhauslandschaft effizienter gestalten soll: das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG). In Fasano bei Bari fanden die beiden Zeit für ein kleines Interview.

NT: Du arbeitest im Gesundheitsministerium als zuständiger Abteilungsleiter und hast die Krankenhausreform aufgesetzt. Warum musste das jetzt passieren?

Michael Weller:

Eine große Reform stand im Koalitionsvertrag. Und dann haben wir einen Gesundheitsminister (Karl Lauterbach), der sehr großen Wert darauflegt, Reformen voranzutreiben, allem voran ein Gesetz zur Krankenhausreform. Das war sein Herzensanliegen. Ich arbeite seit Jahrzehnten im Gesundheitswesen und kenne daher das System, arbeitete auch für die SPD-Bundestagsfraktion, für die GKV und war auch 1999 schon einmal im Bundesministerium für Gesundheit beschäftigt. Von daher war das Reformprojekt für mich von Anfang an eine spannende Arbeit. Als Karl Lauterbach dann Minister wurde, habe ich sofort zugesagt, ihm zu helfen.

NT: Jetzt ist das Gesetz zur Krankenhausreform verabschiedet worden, auch der Bundesrat hat zugestimmt. Was sollte unbedingt passieren, damit möglichst viele Krankenhäuser gerettet werden? Es gibt ja viele Häuser, die finanzielle Schwierigkeiten haben.

Michael Weller:

Die Krankenhäuser sind insgesamt, da hast du vollkommen recht, in einer äußerst schwierigen wirtschaftlichen Situation, und zwar flächendeckend. Wenn nichts passieren würde, gingen Kliniken pleite und bedarfsnotwendige Krankenhausstrukturen könnten wegbrechen. Von daher ist allein aus wirtschaftlichen Gründen zur Sicherung einer bedarfsorientierten Krankenhausversorgung eine Krankenhausreform dringend erforderlich. Zweitens muss die Qualität der stationären Versorgung besser werden. Wir wissen aus internationalen Vergleichsstudien, aber auch aus Zahlen, die wir selbst erheben, dass die Qualität in den deutschen Krankenhäusern durchaus besser sein könnte. Neben der wirtschaftlichen Gesundung muss deshalb vor allem auch die Qualität verbessert werden. Darüber hinaus müssen wir die Ambulantisierung voranbringen. Nicht alles, was heute in Deutschland in den Kliniken stationär gemacht wird, muss zwingend in der Klinik behandelt werden. Weil es immer überall anders geschrieben steht, ist mir wichtig auch zu betonen, dass wir wesentliche Entbürokratisierungsthemen mit aufgenommen haben.

NT: Im Vorfeld der Reform haben einige Bürgerinnen und Bürger die Sorge formuliert, es könnte zu Schließungen einzelner Standorte auf dem Land kommen und damit zu einer Unterversorgung. Wie kann man Ihnen die Angst nehmen?

Michael Weller:

Also, ich bin froh, dass die Frage kommt, denn diese Thematik ist wichtig. Da werden zum Teil leider Legenden gebildet. Diese Reform soll gerade die bedarfsnotwendigen Krankenhäuser auf dem flachen Land stärken. Gerade da, wo in den nächsten 30 Minuten kein anderes Krankenhaus zu erreichen ist, wollen wir sie stützen und schützen. Die Krankenhausreform beinhaltet Instrumente, die diese Kliniken absichern. Krankenhäuser leben von Erlösen, die werden ab jetzt aber nicht mehr fallabhängig gezahlt, sondern fallunabhängig, d.h. die Kliniken erhalten in Zukunft ein sogenanntes Vorhaltebudget. Insbesondere in Regionen, wo die Bevölkerungsdichte nicht so hoch ist, wird dies dazu führen, dass dort die Versorgung nachhaltig und auskömmlich sichergestellt werden kann. Zweitens haben wir neue Qualitätskriterien für alle Kliniken eingeführt. Jetzt kann es natürlich sein, dass in strukturschwachen Regionen die eine oder andere Voraussetzung an Qualität nicht erfüllbar ist, weil z.B. nicht ausreichend Fachärzte vorhanden sind. Für diesen Fall haben wir dauerhaft Ausnahmen für besonders bedarfsnotwendige Kliniken in diese Reform aufgenommen. Die Länder haben aber auch die Möglichkeit den Kliniken einfach Fallzahlen zuzuordnen, dann wird unabhängig von der Patientenzahl die Vorhaltefinanzierung garantiert. Das hilft vor allem den sogenannten Landeskrankenhäusern.

NT: Jetzt ist das Gesetz auf dem Weg, aber eigentlich ist es Sache der Länder tätig zu werden. Wie sieht denn der weitere Weg aus?

Michael Weller:

Also erst einmal muss man festhalten, um auch wieder einer Legende vorzubeugen, wir greifen nicht in die Zuständigkeiten, in die Planungshoheiten der Länder ein. Es ist deren Aufgabe die Reform in den nächsten beiden Jahren umzusetzen. Wir haben bisher in den Kliniken Abteilungen, die entsprechende Voraussetzungen für die Patientenbehandlung erfüllen müssen. In Zukunft werden wir keine Abteilungen mehr haben, sondern Leistungsgruppen. Es gibt dann 65 Leistungsgruppen, also eine wesentlich differenziertere Betrachtung des Versorgungsgeschehens. Das ist vor allem wichtig für die Erhöhung der Qualität. Die Länder haben jetzt die Aufgabe in den nächsten zwei Jahren die Leistungsgruppen in den Kliniken aufzubauen. Erfüllt das Krankenhaus danach die Qualitätsstandards und ist bedarfsnotwendig, sind die Voraussetzungen zur weiteren Existenz gesichert. Unsere Arbeit ist auch noch nicht zu Ende, denn wir arbeiten mit Hochdruck an der Finanzierung des Transformationsprozesses der Kliniken. Wir werden in den nächsten 10 Jahren 50 Milliarden Euro je zur Hälfte aus dem Gesundheitsfonds auf der Bundesebene und aus Landesmitteln zur Verfügung stellen, um den Transformationsprozess zu finanzieren. Hierzu brauchen wir jetzt dringend eine Rechtsverordnung. Da geht es dann um Fragen, wie z.B.: Was wird konkret gefördert? Wie kommt das Geld zu den Ländern und zu den Kliniken? Wie und wann wird das Geld verteilt? Was braucht man, um den Antrag zu stellen? Das wird jetzt in den ersten Monaten des neuen Jahres fertiggestellt. Wenn die Rechtsverordnung zum Transformationsfonds da ist, dann ist das Gesetz unumkehrbar.

NT: Woran könnte die Reform noch scheitern?

Michael Weller:

Die Reform scheitert nicht mehr. Alle Beteiligte, Länder, Klinikträger, Kommunen, u.a. wollen jetzt Planungsklarheit und Sicherheit. Im Übrigen fließt in Zukunft nicht nur durch den Transformationsfond, sondern auch durch andere Instrumente gezielt mehr Geld in die Krankenhausversorgung. Darauf will Niemand mehr verzichten.

NT: Jetzt noch eine letzte Frage. Karl Lauterbach ist ja oft in der ZDF-Heute-Show zu sehen. Der macht da manchmal einen guten, manchmal einen ganz schwierigen Eindruck. Habt ihr im Ministerium darauf irgendwie Einfluss?

Michael Weller:

Den medialen Auftritt bestimmt er schon selbst. Ins ZDF wird man allerdings ja nicht unmittelbar eingeladen. Die finden meinen Minister eben sehr gut geeignet für diese Auftritte, weil er sehr viel Humor hat und klasse Statements gibt. Er twittert im Übrigen auch selbst. Hier lerne ich dann auch immer wieder neues über wichtige interessante Studien. Die Zusammenarbeit mit ihm finde ich klasse: Er braucht kaum Vorbereitung. Er hat ein unglaublich breites, aber auch tiefgreifendes Wissen. Er hat eine sehr schnelle Auffassungsgabe und macht seinen Job wunderbar. Ich bin stolz darauf, mit ihm diese spannende Reformzeit erlebt zu haben.