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Aktuelles

18.06.2024 | Fragen an Heike Baehrens, gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion

Krankenhausreform für eine gute Versorgung für Alle

Fragen an Heike Baehrens, MdB zur Krankenhausreform

Von Ute May – SPD 60plus Landesvorstand Baden-Württemberg

Warum ist eine Krankenhausreform notwendig? Wer hat darüber entschieden? Was soll sich ändern?

Im internationalen Vergleich weist Deutschland eine hohe Krankenhaus- und Bettendichte bzw. überdurchschnittliche Fallzahlen und Verweildauern im Krankenhaus auf. In den vergangenen Jahren hat sich gleichzeitig der Fachkräftemangel im Gesundheitswesen verstärkt. Die Lebenserwartung in Deutschland liegt im europäischen Vergleich nur im Mittelfeld, obwohl wir bei den Pro-Kopf-Ausgaben für Gesundheit an der Spitze liegen. Krankenhäuser stehen in Konkurrenz um die knappen Ressourcen im Gesundheitssystem, nämlich Fachkräfte, ‚lukrative Eingriffe sowie nach Corona gesunkene Patientenzahlen. Dadurch, dass Krankenhäuser darauf angewiesen sind, möglichst viele Fälle zu machen, nehmen sie häufig schwierige Eingriffe vor, für die sie nicht ausreichend qualifiziert sind. Dadurch beobachten wir an vielen Stellen zu wenig Spezialisierung im System, was sich wiederum negativ auf die Ergebnisqualität auswirkt. Auch gibt es Anzeichen für eine Überversorgung in bestimmten Bereichen bzw. werden Eingriffe im Krankenhaus vorgenommen, die ambulant kostengünstiger und schonender für die Patientinnen und Patienten erbracht werden könnten. Gleichzeitig steht aber unser beitragsfinanziertes Gesundheitssystem finanziell stark unter Druck.

All diese Faktoren zeigen, dass es notwendig ist, unsere Versorgungsstrukturen zu modernisieren. Wir wollen, dass alle Menschen auf dem Land und in der Stadt eine gute Gesundheits- und pflegerische Versorgung erhalten können. Das müssen wir bei begrenzten Mitteln und unter Berücksichtigung unseres Grundsatzes im Gesundheitswesen „ambulant vor stationär“ verantwortlich organisieren. Was wir vermeiden wollen, ist ein ungeordnetes Kliniksterben. Denn schon jetzt sind viele Häuser durch die Pandemie, Kostensteigerungen und den Fachkräftemangel finanziell in Schieflage geraten.

Seit zwei Jahren arbeitet Gesundheitsminister Karl Lauterbach daher – zusammen mit führenden Gesundheitswissenschaftlern –an der Krankenhausreform, die aus verschiedenen Teilen besteht. Sie verfolgt drei Hauptziele:

(1) eine flächendeckende und qualitativ hochwertige Versorgung sicherstellen und gleichzeitig dieBehandlungsqualität steigern;

(2) Krankenhausleistungen zu einem relevanten Anteil unabhängig von der Leistungserbringung finanzieren, um ‚Hamsterrad‘ zu stoppen, nämlich durch die Einführung einer Vorhaltevergütung;

(3) Krankenhauspersonal durch besseren Ressourceneinsatz und mehr Entbürokratisierung entlasten.

Welches Level wird es geben und was beinhalten sie? Darf es in einem Kreis Krankenhäuser mit Level 1+2, 2+3 oder 1+2+3 (also 3 Krankenhäuser) geben?

Es wird weiterhin Maximalversorger, Regelversorger sowie Grundversorger vor Ort geben. Letztere werden durch das neue Konzept der ‚Level 1i-Krankenhäuser‘ als sektorenübergreifende Versorger (also ambulant + stationär) ergänzt. Sie sollen eine wohnortnahe medizinische Versorgung, Pflegeleistungen und Leistungen aus anderen Medizinberufen bündeln. Sie erhalten dabei mehr Optionen zur ambulanten Leistungserbringung. Damit werden sie zu einer wichtigen Brücke zwischen der ambulanten und der stationären Versorgung. Hiervon können insbesondere Krankenhäuser profitieren, deren Fortbestand auf Grund des geringen stationären Versorgungsbedarfs in der Region nicht gesichert ist. Sie bekommen die Chance, insbesondere pflegerische Versorgungslücken (z.B. Notfall- oder Übergangspflege) zu schließen.

Wir lange darf eine Fahrt zur Notaufnahme dauern?

Vorgesehen im Gesetz ist eine Fahrtzeit von höchstens 30 Minuten. Die Länder können durch die Zuweisung der Leistungsgruppen (s.u.) die Erreichbarkeit aber auch so gestalten, dass diese Zeit sich verkürzt.

Wie lange zur Geburtenstation für die Mütter?

Hier ist im Gesetz eine maximale Fahrtzeit von 40 min. vorgesehen.

In welcher Zeit müssen Schlaganfallpatienten die entsprechende Fachklinik erreichen können.

Entsprechend des Schlaganfallkonzepts des Landes Baden-Württemberg muss innerhalb von zwei bis drei Stunden die Einlieferung in eine Stroke Unit erfolgen. Für die Vorhaltung einer solchen Stroke Unit wird es separate Zuschläge geben (s.u. – Finanzierung). Wie lange ein Rettungswagen brauchen darf, um spätestens am Einsatzort zu sein, ist im Rettungsdienstgesetz des jeweiligen Landes festgeschrieben. Die sogenannte Hilfsfrist beträgt bei uns aktuell im Schnitt 10, höchstens 15 Minuten. Gleichzeitig wollen wir mit unserer ergänzenden Notfallreform auch den Rettungsdienst einbinden, um diesen Bereich von Bagatellfällen zu entlasten und die Menschen, die sich in einer medizinischen Notlage wähnen, dort zu versorgen, wo es medizinisch sinnvoll ist.

Wie finanzieren sich Krankenhäuser künftig? Was ist eine Vorhaltepauschale? Was sind Leistungsgruppen?

Aus einem Mix aus
(1) Vorhaltepauschale für das Bereithalten von Personal und Geräten etc.
(2) Erlösen aus der Leistungserbringung durch Fallkostenpauschalen sowie
(3) Mitteln aus dem Transformationsfonds. Aus diesem sollen die Umstrukturierungsprozesse in den Krankenhäusern finanziell unterstützt werden
(4) Zuschlägen für die Bereiche Pädiatrie, Geburtshilfe, Stroke Unit, Spezielle Traumatologie und Intensivmedizin sowie für die Teilnahme von Krankenhäusern an der stationären Notfallversorgung

Eine Leistungsgruppe deckt ein bestimmtes Spektrum der medizinischen Leistungen in Krankenhäu­sern ab (z.B. Kardiologie, Neurologie, Kinder- und Jugendmedizin). Ein Krankenhaus wird nur dann eine Leistungsgruppe zugewiesen bekommen, wenn es die Mindestqualitätsanforderungen erfüllt. Dafür muss es die notwendige Anzahl an Fachärzt*innen, Geräten oder die Häufigkeit an vorgenom­menen Eingriffen vorweisen.

In Level 1i-Häusern werden alle Leistungen direkt vergütet.

Wer entscheidet, welches Krankenhaus bleibt und welches geschlossen wird?

Die Krankenhausplanung ist und bleibt Ländersache.

Wie sieht die Förderung in den Ländern aus? Woher kommt das Geld?

Die Länder müssen laut Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) für die Investitionskosten aufkommen. Die Betriebskosten finanzieren sich aus den Erlösen, die über die Gesetzliche und Private Krankenversicherung erzielt werden.

Es gibt einen Krankenhaus-Atlas. Was beinhaltet er?

Der Krankenhaus-Atlas gibt umfassende, faire und vergleichbare Informationen über den Versorgungsumfang und die Versorgungsqualität in deutschen Krankenhäusern. Diese unterstützen bei der Auswahl eines Krankenhauses.

Wo kann man den Krankenhaus-Atlas einsehen?

https://bundes-klinik-atlas.de